Moyamoya, ​Prof. Dr. med. Nadia Khan, Leitende Ärztin, erklärt einer Patientin im Spitalzimmer die Krankheit mit einem Kinderbuch
04.03.2021
Moyamoya Center

Moyamoya Center: 10 Jahre Pionierarbeit

Vor zehn Jahren operierte Prof. Dr. med. Nadia Khan den ersten Patienten mit der Diagnose Moyamoya am Kinderspital Zürich. Seither hat sie rund 400 Operationen durchgeführt - und das Kinderspital als spezialisiertes Zentrum international etabliert.

Nadia, wann und wo bist du zum ersten Mal mit Moyamoya in Berührung gekommen?

1997 als Assistentin am ­Universitätsspital Zürich: Professor Yonekawa operierte damals den ersten Patienten mit der Diagnose Moyamoya. Da mich die Revaskularisationschirurgie faszinierte, besuchte ich Mikrochirurgie-Kurse und übte die Techniken anschliessend im Labor. Dies zahlte sich aus: Bald darauf bezog mich Professor Yonekawa bei einer Operation mit ein.

 

Was war der Grund dafür, dass du Moyamoya zu deinem Lebensprojekt gemacht hast?

In den 90er-Jahren war Moyamoya eine völlig unbekannte Krankheit. Es war ein ­Aufwachen, als man realisierte, dass auch Kinder Schlaganfälle haben können und dass Moyamoya eine wichtige Ursache dafür sein kann. Man stellte auch fest, dass eine ­frühe Diagnose und Operation den betroffenen Kindern ein normales Leben ohne Einschränkungen ermöglicht. Ich realisierte bald: Wow, auf ­diesem Gebiet kann ich wirklich etwas bewirken!

Die Revaskularisationschirurgie ist an­spruchsvoll: Gerade bei Kindern sind die Hirngefässe, die man zusammennäht, mikroskopisch klein. Ich betreue meine Patientinnen und Patienten bis sie erwachsen sind. Dadurch sehe ich, dass meine Arbeit hilft, und das gibt mir sehr viel zurück.

Moyamoya, ​Prof. Dr. med. Nadia Khan, Leitende Ärztin, auf Visite bei einer Patientin im Spitalzimmer

Vor zehn Jahren hast du das Moyamoya Center am Kinderspital gegründet. War dazu viel Überzeugungsarbeit nötig?

Ja und nein. Ich erhielt zwar eine Stelle als Leitende Ärztin, wenn auch anfangs nur im Stundenlohn. Danach musste ich allerdings intensiv kämpfen, um das Zentrum aufbauen zu können.

 

Zehn Jahre später ist das Moyamoya Center weltweit bekannt.

Ich konnte das Kinderspital international als spezialisiertes Zentrum für diese Krankheit etablieren. Heute betreue ich viele ausländische Patientinnen und Patienten. Diese Kinder und ihre Eltern bringen verschiedene Sprachen, andere Kultur und Denkweisen mit. Es hilft mir sehr, dass ich selbst einen ­kulturellen Ost-West-Hintergrund habe.

 

Du bist in Pakistan geboren.

Genau. Meine Mutter ist zwar Schweizerin, aber wir haben zu Hause Englisch und Urdu gesprochen. Meine Familie musste 1984 wegen der politischen Unruhen aus Pakistan fliehen. Ich kam erst Ende 1990 in die Schweiz, nachdem ich mein Medizinstudium beendet hatte. Der Anfang hier war sehr hart. Mein Staatsexamen und die Dissertation wurden nicht anerkannt und ich musste beides wiederholen. Dazu kam, dass ich mich nicht nur als Ausländerin beweisen musste, sondern auch als Frau – die Neurochirurgie war damals noch stärker eine Männerdomäne als heute. Meine Arbeitstage waren häufig 17 Stunden lang, für ein Privatleben blieb keine Zeit.

 

Als Professorin unterrichtest du an der Universität Zürich Medizin-Studierende. Bildest du auch in der Klinik Nachwuchs-Chirurginnen und -Chirurgen aus?

In Tübingen, wo ich erwachsene Moyamoya-Betroffene behandle, konnte ich einen Nachfolger ausbilden. Ich hoffe sehr, dass ich das hier in der Schweiz für Moyamoya-Kinder und die Revaskularisations-Chirurgie auch bald umsetzen kann!