Cornelia Goller von der International Office während einem Gespräch fotografiert
21.09.2022
Hinter den Kulissen

«Manchmal sammelt das ganze Dorf für das kranke Kind» – Interview mit Cornelia Goller vom International Office

Cornelia Goller betreibt seit Juni 2021 das International Office am Kinderspital. Sie kümmert sich um Familien im Ausland, die ihre Kinder bei uns behandeln lassen wollen. Eine anspruchsvolle Aufgabe – nicht nur wegen der kulturellen und sprachlichen Hürden.

Interview: Miriam Knecht, Foto: Barbora Prekopová

Cornelia, als du bei uns angefangen hast, gab es noch gar kein International Office…

Der Anfang war eine Findungsphase. Ich hatte zuvor am Balgrist schon das International Office aufgebaut, aber jedes Spital ist anders. Wir mussten erst herausfinden: Was braucht das Kinderspital genau? Heute hat sich das International Office sehr bewährt, ich arbeite gut mit allen Abteilungen zusammen.

Welche Patientinnen und Patienten gelangen denn an dich?

Die Anfragen können ganz unterschiedlich sein. Es kann sich um eine einfache dermatologische Konsultation handeln, aber auch um ein kompliziertes Nierenleiden oder eine Stammzelltherapie. Mein Fokus liegt aber vor allem auf den stationären Aufenthalten. Deren Organisation ist oft aufwändig. Hier kann ich die Abteilungen entlasten.

Und woher kommen diese Patientenfamilien?

Die meisten aus den arabischen Ländern, Russland und der EU. Doch wir erhalten auch Anfragen aus exotischen Ländern, etwa Kambodscha oder Senegal.

Weil ihnen ihr Heimatland nicht die benötigte Behandlung bieten kann?

Ja genau. Vieles wird vor Ort nicht geboten oder die Familien haben  kein Vertrauen in das Gesundheitssystem ihres Landes. Die Schweiz hingegen hat einen guten Ruf in Punkto Qualität und Ethik.

Diese Familien melden sich also bei dir – was ist dann deine Aufgabe?

Ich muss zuerst abklären: Was hat das Kind genau, wie ist sein aktueller Zustand? Gibt es bereits medizinische Unterlagen, die unsere Fachpersonen einsehen könnten? Erst dann können sie beurteilen, ob eine Behandlung möglich ist oder nicht. Falls ja, muss ein geeigneter Zeitpunkt für die Anreise gefunden werden, vielleicht ist auch ein Visum notwendig. Und die ganz wichtige Frage: Wer übernimmt die Kosten? Die Familien aus dem Ausland müssen für die Behandlung selber aufkommen, wir haben keine humanitären Fonds.

Ohne Schweizer Krankenkasse kann das aber wahnsinnig teuer werden…

Und lange nicht alle können sich das leisten. Ich würde sagen, in rund 80 Prozent der Fälle handelt es sich um ganz normale Durchschnitts-Familien. In gewissen Ländern sammelt dann das ganze Dorf für das betroffene Kind, in anderen hilft das Gesundheitsministerium. Für viele arabische Patientinnen und Patienten übernehmen die Botschaften die Kosten. Ich arbeite eng mit unserer Finanzabteilung zusammen. Sie stellt mir mit den behandelnden Ärztinnen und Ärzten jeweils die Kostenvoranschläge zusammen, die ich dann den Familien zukommen lasse.

Suchen denn viele Menschen aus dem Ausland Hilfe bei uns?

Wir haben sehr viele Anfragen, doch effektiv machen sie weniger als 2 Prozent aller Fälle aus. 2019, also vor Corona, hatten wir stationär zum Beispiel 123 ausländische Patientinnen und Patienten, insgesamt waren es 8708. Was ich wichtig finde zu erwähnen: Was das Kispi mit den Kindern aus dem Ausland einnimmt, geht direkt in den Spitalbetrieb zurück. Wir können mit diesem Geld etwa Löhne bezahlen oder neue Geräte kaufen.

Cornelia, dein schöner Akzent fällt auf…

(Lacht) Den kann ich offenbar nicht verstecken, denn ich werde am Kinderspital immer mal wieder nach Ferientipps im Südtirol gefragt. Dort komme ich her, aber vor sieben Jahre zog mich die Arbeit nach Zürich.