Thiago – Ein kleiner Wirbelwind kämpft gegen Blutkrebs
Schon Monate vor der Diagnose hatte Thiagos Mutter ein ungutes Gefühl, dass mit ihrem Sohn etwas nicht stimmte. Obwohl ihr kleines Energiebündel pausenlos herumturnte, normal ass – er spürte sogar die besten Süssigkeitsverstecke auf – und es keine greifbaren Gründe gab, sagte ihr die mütterliche Intuition, dass etwas anders war.
Als der Kinderarzt beim Routine-Check wegen einer vermuteten Mittelohrentzündung Ende Mai 2025 einen leicht geschwollenen Lymphknoten bei Thiago ertastete, wirkte er zunächst harmlos. Doch schon wenige Tage später war dieser so stark gewachsen, dass er von blossem Auge sichtbar war – der Vorbote einer unsichtbaren, aber schweren Krankheit. Nach einer Untersuchung am Regionalspital kam spät abends der erschreckende Anruf: «Gehen Sie bitte sofort ins Kinderspital Zürich für weitere Abklärungen.» Die Eltern verstanden sofort: Es war ernst, jetzt ging es um alles.
Der Tag, der alles veränderte
Im Kinderspital ging alles blitzschnell: Punktion, Labor, Diagnose B-ALL – eine Form von Leukämie. Thiagos Vater erinnert sich: «Als ich das hörte, fühlte ich mich, als hätte mich ein Lastwagen überfahren.» Am meisten zerriss ihn jedoch das Überbringen der schweren Nachricht an Familie und Freunde. Jedes Mal, wenn er die Worte Krebs und Leukämie aussprach, brach der Schock erneut über ihn herein – als erhielte er die Diagnose immer wieder neu. Doch nach der ersten Woche voller Fragen und Tränen traf die Familie eine Entscheidung: Sie wollten kämpfen und Vollgas geben für ihren kleinen Jungen.
Der Kleine kämpfte wie ein Grosser
Nur zwei Tage nach der Diagnose begann Thiago im Kinderspital schon die intensive Chemotherapie. Die lebensrettende Medizin forderte erstmal einen hohen Preis: Aus dem wuseligen Wirbelwind wurde ein Häufchen Elend. Er war zu schwach zum Spielen und Gehen, konnte nur noch auf dem Sofa liegen. «Unser Sohn war nur noch ein Schatten seiner selbst», flüstert sein Papa mit Schmerz in der Stimme. Geplagt von Übelkeit, gefährlichen Infekten und ständigen Spitalaufenthalten kämpfte Thiago still und leise. Unsere Behandlungsteams standen ihm und seiner Familie Tag und Nacht zur Seite: mit modernster Spitzenmedizin, viel Erfahrung und noch mehr Herz. Zwischen Infusionen und Arztvisiten fand Thiago auch stärkende Lichtblicke beim Malen und Musizieren mit unseren Kunsttherapeutinnen und genoss die bunten Besuche der Spitalclowns, die ihn mit viel Feingefühl aufmunterten.
Pizza mitten in der Nacht
Zu Hause stemmten die Eltern einen strengen Alltag voller Organisation, Schlafmangel und Sorgen: Auch zwei ältere Geschwister und ein Säugling brauchten ihre Aufmerksamkeit. Der Papa musste zudem für Thiagos häufige Spitalaufenthalte immer mehrere Tage von der Arbeit frei nehmen. Und über allem hing das tägliche Bangen um Thiagos Blutwerte. Würden sie für die nächste Therapie ausreichen? Die Eltern gaben alles für ihren Sohn, besonders wenn ihn Heisshungerattacken plagten – eine typische Nebenwirkung der Medikamente. Alle paar Stunden rissen sie Thiago aus dem Schlaf und er weinte bitterlich, bis seine Eltern die richtige Lösung errieten: Pizza, Pommes Frites oder Nüdeli. Das kochten sie ihm von Herzen gern – oft auch mitten in der Nacht. Kleine Gesten der Liebe, die stärker war als jede Erschöpfung.
Glücksglocke zum Austritt
Nach sieben Monaten Intensivtherapie hat Thiago das Schwerste geschafft und ist schon fast wieder der Alte. Die Erhaltungstherapie zur Rückfallvermeidung läuft zwar noch ein Jahr weiter – doch zum Abschluss seiner stationären Chemotherapie zählt nur eines: Thiago darf feierlich die Glücksglocke läuten! Diese ist Kindern vorbehalten, die eine lange Krebs- oder Stammzelltherapie hinter sich haben. Für diesen besonderen Festmoment ist sogar Thiagos Oma mit seinen drei Geschwistern angereist.
Die Pflegenden und Ärzteschaft stehen klatschend Spalier, einige wischen sich Freudentränen aus den Augenwinkeln. Erleichterung, Dankbarkeit und tiefe Freude strahlen aus den Gesichtern – wie bei Pflegefachfrau Sarah Layer: «Wir begleiten viele schwere Schicksale, darum bedeutet uns das Klingeln der Glocke umso mehr – denn das heisst: Wieder hat es ein Kind geschafft und startet in eine bessere Zukunft.» Stationspflegeleiterin Svenja Schweizer ergänzt bewegt: «Man hört die Glocke auf der ganzen Station. So klingt Kispi-Freude, die in jedem Zimmer Hoffnung schenkt!»
Zu Hause angekommen flitzt Thiago lachend auf seinem Trottinett durch die Gegend. Sein Heilungsweg dauert noch ein Jahr, aber er hat ein Kämpferherz – und ist wieder der fröhliche Wirbelwind, der das Leben liebt.