Prof. Dr. med. Tayfun Güngör untersucht den Stammzelltherapie Patienten Ali im Kinderspital Zürich
21.11.2025
Stammzelltherapie

Stammzelltherapie: «Wir sind wie Bergführer für die Eltern»

Bei Stammzelltransplantationen führt das Profi-Team um Prof. Dr. med. Tayfun Güngör schwer kranke Kinder und ihre Familien sicher durch schwieriges Terrain. Die Abteilung vereint Forschung, Diagnostik und Therapie unter einem Dach und überzeugt mit 95-prozentiger Überlebensrate.

Prof. Tayfun Güngör, was ist neu im Bereich der Stammzelltherapie am Kinderspital?

Im alten Spital lagen die Kinder in engen Glaskabinen, manche Eltern nannten sie scherzhaft «Aquarien». Heute bieten die topmodernen Isolierzimmer viel Platz, höchsten Infektionsschutz, Tageslicht und Privatsphäre. Ein Elternteil kann sogar beim Kind übernachten – all das fördert die Genesung. Im neuen hauseigenen Reinraumlabor stellen wir moderne Zell- und Gentherapien auf höchstem Niveau selbst her. Dass Forschung und Klinik nun Tür an Tür arbeiten, bringt messbare Fortschritte.

Wie viele Kinder profitieren jährlich davon?

Wir behandeln rund 40 Kinder und Jugendliche pro Jahr: etwa 30 mit fremden Spenderzellen, fünf mit eigenen Zellen und fünf mit körpereigenen Abwehrzellen, die wir genetisch verändern. Je nach Krankheit braucht es einen anderen Ansatz. Als nationales Zentrum für hochspezialisierte Medizin kommen über 80 Prozent aller betroffenen Kinder der Schweiz zu uns. Mit unseren Resultaten zählen wir auch europaweit zu den zehn besten Kliniken.

Welche Erkrankungen sind am häufigsten?

Bei Stammzelltherapien denkt man meist an Leukämie und bösartige Krebsarten, aber das sind weniger als die Hälfte aller Fälle. Am häufigsten behandeln wir Immundefekte, Knochenmarkversagen, schwere Stoffwechselstörungen oder rheumatologische Krankheiten. Manche sind ab Geburt bedrohlich, andere schwelen über Jahre unentdeckt – mit grossen Einbussen der Lebensqualität.

Am Kinderspital sterben keine Kinder bei Transplantationen – was zeichnet euch aus?

Eltern vertrauen uns ihr Kind an, weil wir wie erfahrene Bergführer den Weg kennen – vom Aufstieg über den Gipfel bis ins sichere Tal. Sie spüren: Wir wissen, was wir tun, auch mitten im Sturm. Wir prüfen genau, ob eine Blutstammzell- oder Immuntherapie nötig ist, wählen die optimale Quelle und den bestpassenden Spender. Die vorbereitende Chemotherapie stimmen wir schonend und individuell ab, um Spätfolgen wie Wachstums- oder Hormonstörungen zu vermeiden. Unser Zürcher Schema gilt weltweit als Vorbild. Dank nahtloser Zusammenarbeit aller Fachbereiche erreichen wir Heilungsraten von 95 Prozent – ohne Todesfälle.

Woran forscht ihr aktuell?

Wir arbeiten daran, Chemo- und Immuntherapien noch gezielter zu personalisieren, damit sie wirksamer und verträglicher werden. Weitere Ziele sind, dass Abwehrzellen Leukämiezellen besser bekämpfen, Transplantate seltener abgestossen werden und sich das Immunsystem schneller erholen kann. Zudem entwickeln wir Gentherapien gegen vererbte Blut-, Stoffwechsel- und Immundefekte.

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