Eine Forscherin und ein Forscher sitzen in einem Labor und arbeiten mit Tumorzellen
25.09.2025
Forschung

Wenn Krebszellen reifen lernen – neue Therapie gegen Kinderkrebs

Das Neuroblastom ist eine der häufigsten und aggressivsten Krebsarten im Kindesalter. Die Krebszellen wachsen extrem schnell und verbleiben in einem unreifen Zustand. Aktuell kann trotz dem Einsatz multimodaler Therapien nur eines von zwei Kindern mit einem Hochrisiko-Neuroblastom geheilt werden. Ein Forschungsteam am Kinderspital Zürich unter der Leitung von Oberarzt Dr. Raphael J. Morscher hat nun eine vielversprechende neue Behandlungsstrategie entwickelt, die auf einem innovativen Zusammenspiel von Medikament und Ernährung basiert. Diese Arbeit wurde nun in der renommierten Zeitschrift «Nature» publiziert.

Die Methode kombiniert ein bewährtes Medikament (DFMO), das das Tumorwachstum hemmt, mit einer gezielten Diät, bei der zwei Aminosäuren – Arginin und Prolin – weggelassen werden. Dadurch verlieren die Tumorzellen für sie wichtige Wachstumsfaktoren, sogenannte Polyamine. Die Folge: Die Krebszellen wachsen nicht mehr unkontrolliert, und zusätzlich wandeln sie sich in reifere Nervenzellen um.

«Unser Ziel war es, die Zellen nicht einfach zu zerstören, sondern sie zu verändern – und das ist gelungen», erklärt Dr. Raphael J. Morscher, Oberarzt am Kinderspital Zürich. «Wir sehen, dass sich Krebszellen durch diese Behandlung in Richtung normaler Zellfunktion entwickeln – das ist ein völlig neuer therapeutischer Ansatz. Ich gratuliere dem gesamten Team, insbesondere Frau Dr. Cherkaoui – der alleinigen Erstautorin dieser Arbeit – zu diesem Erfolg.»

Die Resultate in präklinischen Modellen sind eindrücklich: Die Tumoren wuchsen deutlich langsamer oder bildeten sich sogar zurück – bei guter Verträglichkeit.

«Diese Forschung zeigt exemplarisch, was möglich wird, wenn man molekulare Grundlagenmedizin mit klinischer Erfahrung verbindet», betont Prof. Dr. Matthias Baumgartner, Leiter Forschung und Lehre am Kinderspital Zürich. «Solche Innovationen entstehen nur in einem Umfeld, das Forschung und Klinik eng verzahnt.»

Auch in der klinischen Onkologie stösst der Ansatz auf grosses Interesse: «In der Krebstherapie im Kindesalter suchen wir gezielt nach Wegen, die Tumorzellen zu kontrollieren, ohne den ganzen Organismus zu belasten», sagt Prof. Dr. Jean-Pierre Bourquin, Chefarzt mit Schwerpunkt Onkologie. «Der Ansatz, Zellen zum ‚Reifen‘ zu bringen, statt sie nur zu bekämpfen, ist sowohl biologisch spannend als auch klinisch vielversprechend.»

Das Forschungsteam bereitet derzeit mit internationalen Kooperationspartnern am Kinderspital in Philadelphia und der Universität Princeton die nächsten Schritte vor, um den innovativen Ansatz in klinische Studien zu überführen – mit einem Enzym, welches die Diät bei Kindern ersetzt – mit dem Ziel, betroffenen Kindern in Zukunft eine neue, schonendere Behandlungsoption bieten zu können.

Bild kispi

Pediatric Cancer Metabolism

The Morscher Lab focuses on understanding the reprogramming of metabolism across pediatric cancer types. We are interested in both, understanding fundamental principles of cancer biology and translational research developing novel metabolism targeting treatment strategies for children with cancer.