Neue Möglichkeiten in der Stammzelltherapie
Die Therapie mit blutbildenden Stammzellen und Immunzellen bietet für eine wachsende Zahl an Patientinnen und Patienten die einzige Möglichkeit auf definitive Heilung, so etwa für Kinder mit Erkrankungen des blutbildenden Systems oder mit angeborenen Abwehrschwächen. «Schon seit vielen Jahren können wir den Betroffenen am Kinderspital eine Stammzelltransplantation anbieten», sagt Dr. med. Mathias Hauri-Hohl. Er leitet das Labor für Stammzellen und zelluläre Therapien (LSZT), das die sichere Aufbereitung und Qualitätskontrolle von Zellprodukten gewährleistet: «Das Labor bereitet zum Beispiel gespendetes Knochenmark von gesunden Personen so auf, dass sie im Körper des empfangenden Kindes möglichst wenige unerwünschte Reaktionen auslösen», erklärt Hauri-Hohl.
Grösste Herausforderung: behördliche Vorgaben
Mit dem GMP-Labor, dem hochspezialisierten «Good Manufacturing Practice»-Labor im Gebäude für Forschung & Lehre, eröffnen sich dem Kinderspital nun zusätzliche Möglichkeiten für die Stammzelltherapie-Forschung. Diese steht ebenfalls unter der Leitung von Dr. med. Mathias Hauri-Hohl: «Wir haben nun die Voraussetzungen, um auch Neuentwicklungen im Bereich der Zelltherapien selbst herstellen zu können, wie etwa die CAR-T-Zelltherapie. Diese stellt für einige unserer Patientinnen und Patienten, nach vielen Chemo- und meist auch Stammzelltherapien, die allerletzte Hoffnung dar», sagt er. Zwar bieten wir im Kinderspital Zürich die CAR-T-Therapie bereits an, aber nur spezifischen Betroffenen – nämlich jenen mit B-Zell-Leukämie – und bei der Herstellung sind wir aktuell noch auf die Zusammenarbeit mit einer Schweizer Pharmafirma angewiesen. «Unsere Forschungsteams bereiten sich nun darauf vor, CAR-T-Zellen auch in der hauseigenen GMP-Infrastruktur herstellen zu können», sagt Hauri-Hohl. Über das hochqualifizierte Personal, die modernen Gerätschaften und die geeigneten Analysemethoden verfügt das Kinderspital nämlich schon. Es fehlt nur noch die behördliche Bewilligung zur hausinternen Herstellung der CAR-T-Zellen. Voraussetzung für die Bewilligung ist der Nachweis, dass die Vielzahl an geforderten Vorgaben eingehalten werden: von der Luftreinheit im GMP-Labor bis hin zu den Freigabekriterien für die Zellprodukte. «Wir sind aktuell daran, die notwendigen Daten zu sammeln, um diesen Nachweis sicherzustellen», so Hauri-Hohl.
Die CAR-T-Zelltherapie kommt bei Patientinnen und Patienten zum Einsatz, die an der B-Zell-Leukämie erkrankt sind und auf konventionelle Therapien nicht ansprechen oder bereits Rückfälle erlitten haben. Für diese Zelltherapie werden den Betroffenen gesunde Immunzellen entnommen und im Labor genetisch verändert, so dass sie die Zellen des patienteneigenen Tumors als krankmachende Zellen erkennen und diese angreifen. Statt Krebsmedikamenten, wie etwa einer aggressiven Chemotherapie, erhalten die Betroffenen also modifizierte körpereigene Zellen. Etwas mehr als die Hälfte der Patientinnen und Patienten, die diese Therapie am Kinderspital Zürich erhielten, waren auch ein Jahr nach der Behandlung noch krebsfrei. Momentan arbeiten wir für die Modifizierung der Zellen noch mit einer Schweizer Pharmafirma zusammen. In ein bis zwei Jahren werden unsere Forschungsteams am Kinderspital die CAR-T-Zellen selber herstellen können.

So funktioniert die CAR-T-Zell-Therapie: Aus dem Blut der Patientin entnehmen wir die wenigen noch vorhandenen gesunden T-Zellen (Abwehrzellen) [1]. Im Labor werden die T-Zellen genetisch verändert. Sie werden mit DNA versehen, die auf die spezifischen Krebszellen anspricht [2]. Die DNA bewirkt, dass die T-Zellen Rezeptoren bilden, welche die Krebszellen erkennen. Daher der medizinische Name «Chimeric Antigen Receptor T-Cell Therapy» oder eben CAR-T-Zell-Therapie [3]. Die modifizierten CAR-T-Zellen werden nun in grossen Mengen im Labor vermehrt [4]. Über eine Infusion erhält die Patientin ihre genetisch verbesserten T-Zellen zurück [5]. Im Körper der Patientin erkennen nun die Rezeptoren an den CAR-T-Zellen die Krebszellen, welche sie angreifen und zerstören [6].
Die CAR-T-Methode birgt grosses Potential
Der Aufwand, den unsere Forschungsteams zur Einholung dieser Bewilligung betreiben müssen, lohnt sich, denn die CAR-T-Behandlungsmethode ist vielversprechend: «Wenn wir die CAR-T-Methode nicht nur bei Betroffenen von B-Zell-Leukämien, sondern auch bei anderen Krankheitsformen einsetzen dürften, könnten wir das Leben von weiteren schwerkranken Kindern und Jugendlichen retten», betont Hauri-Hohl. Er denkt dabei etwa an Kinder und Jugendliche mit anderen Tumoren oder Autoimmunerkrankungen. Zukünftig möchte der Leiter der Stammzelltherapie-Forschung deshalb die Entwicklung solcher weiterer Zelltherapien am Kinderspital vorantreiben.
